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Unser Nachbericht zur zweiten Ausgabe der virtuellen Veranstaltungsreihe Civic Coding-Schlaglicht
Wie können KI-Anwendungen dazu beitragen, dass sich die Beteiligung von Bürger*innen an politischen Prozessen und Debatten verbessert? Darum ging es am 25.10.2023 in unserem zweiten Civic Coding-Schlaglicht „KI und Demokratie – Wie kann KI unsere demokratischen Prozesse stärken?“.
Julian Stubbe von der Civic Coding-Geschäftsstelle diskutierte gemeinsam mit Maike Behrendt vom Lehrstuhl für Machine Learning an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Anselm Renn von Mehr Demokratie e.V. und Professor Detlef Sack von der Bergischen Universität Wuppertal, wie sich politische Meinungsbildung und Teilhabe durch die Digitalisierung verändern und inwiefern KI-Anwendungen diese positiv beeinflussen können.
Die Veranstaltung zeigte, dass KI-Anwendungen großes Potenzial bieten, um den Herausforderungen moderner Demokratien zu begegnen. Professor Sack setzt sich in seiner Forschung mit der Frage auseinander, welche Möglichkeiten es gibt, Bürger*innen umfassender an politischen Entscheidungen zu beteiligen. KI-Anwendungen spielen dabei eine zunehmend größere Rolle. Er sieht drei Problemfelder, über die man sich dem innovativen Einsatz von KI-Anwendungen für die Demokratie nähern kann. Erstens gebe es in demokratischen Gesellschaften Repräsentationslücken, das heißt bestimmte gesellschaftliche Gruppen seien in politischen Debatten kaum präsent. Hier könne die Digitalisierung und insbesondere KI ansetzen und Bevölkerungsgruppen einbeziehen, die in „normalen“ politischen Prozessen nicht erreicht werden.
„KI kann gesellschaftlicher Beteiligung neue Möglichkeiten eröffnen. Für wen, auf welche Weise und in welchen Formaten, das sind die spannenden Fragen. Stereotype helfen uns nicht weiter. Es geht um den lebendigen Austausch über Fachgrenzen hinweg.“
Prof. Dr. Detlef Sack, Leiter des Instituts für Demokratie- und Partizipationsforschung (IDPF) Bergische Universität Wuppertal
Diese Einschätzung bestätigte auch Anselm Renn, der die Perspektive der politischen Praxis in die Diskussion einbrachte. Der Pressesprecher und Campaigner von Mehr Demokratie e.V. sieht in der Digitalisierung eine große Chance für den Austausch und die Diskussion im virtuellen Raum. Digitale Tools können Menschen motivieren, sich an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Open-Source-Plattformen wie Consul bieten beispielsweise direkte Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger*innen und kommen bereits global in Städten zum Einsatz.
Aktuelle Herausforderungen liegen seiner Erfahrung nach häufig in der fehlenden „KI-Readiness“ von Institutionen. Viele kleine und mittlere Kommunen verfügen nicht über Datenanalyst*innen und die notwendige Infrastruktur, um digitale Tools zu implementieren und zu nutzen.
Eine weitere Herausforderung und Gefahr liegt in der Entstehung von Filterblasen, die eine gemeinsame Meinungsbildung stark erschweren. Anselm Renn betont jedoch, dass KI auch hier helfen könne, Muster zu finden, die gesellschaftliche Gemeinsamkeiten stärken. So sieht er eine Chance darin, durch KI-Anwendungen Annäherungen zwischen unterschiedlichen Gruppen und Meinungen zu schaffen und der gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken.
„In Zeiten von Filterblasen kann KI Gemeinsamkeiten finden, um uns wieder zurück auf Common Ground zu führen.“
Anselm Renn, Pressesprecher, Campaigner und Bundesvorstand von Mehr Demokratie e. V.
Eine weitere Möglichkeit für den Einsatz von KI-Anwendungen zur Stärkung demokratischer Prozesse sieht Professor Sack in der Vermittlung komplexer Informationen, etwa zur Energiewende oder zur Mobilität. Hier kann KI mehr und bessere Informationen liefern, als sie normalerweise zur Verfügung stehen. Zusätzlich besteht im Zusammenhang mit der sogenannten „Citizen Science“ die Möglichkeit, dass Bürger*innen eigene Daten in KI-Anwendungen einspeisen und damit selbst zu Autor*innen ihrer politischen Entscheidungen werden.
KI-Anwendungen können jedoch nicht nur dabei helfen, mehr Informationen zu verarbeiten und für die Bürger*innen bereitzustellen, die Expert*innen sehen auch eine große Chance darin, sprachliche Hürden durch KI abzubauen. Im Bereich der Echtzeitübersetzung ist die KI-Technologie bereits weit fortgeschritten. Entsprechende KI-basierte Übersetzungstools können daher den Zugang zu politischen Informationen in Einwanderungsgesellschaften verbessern.
Neben Übersetzungsdiensten ist auch Leichte Sprache ein wichtiges Mittel, um mehr Menschen an Meinungsbildungs- und Beteiligungsprozessen teilhaben zu lassen. Die automatisierte Übersetzung von schwer verständlichen Texten in Leichte Sprache ist daher ebenfalls ein gesellschaftlich relevantes Anwendungsfeld für KI.
Wusstest du, dass im 1. Civic Coding-Forum mit „ErLeSen“ eine KI-Anwendung zur Erstellung und Analyse Leichter Sprache vorgestellt wurde? Du hast die Veranstaltung verpasst? In der Civic Coding-Community kannst du dir die Aufzeichnung und einen Nachbericht ansehen – registriere dich jetzt!
Professor Sack sieht noch einen dritten Anwendungsfall für den Einsatz von KI-Anwendungen. KI-Lösungen können bei der Frage helfen, wie die institutionalisierte Politik auf die Ergebnisse von Beteiligungsverfahren reagiert, sie konstruktiv in ihre Entscheidungsprozesse einbezieht oder auch begründet ablehnt.
Hier kann auch die Wissenschaft einen Beitrag leisten. Maike Behrendt sieht die Potenziale von KI-Technologien allerdings weniger in der aktiven Beteiligung an Diskussionen als vielmehr in der Strukturierung und Auswertung großer Datenmengen. Hier können KI-Anwendungen als unterstützendes Werkzeug eingesetzt werden.
„Die Verantwortung der Wissenschaft liegt darin, systematisch zu untersuchen, wie KI-Instrumente demokratische Prozesse sinnvoll unterstützen können, welche potenziellen Nebeneffekte auftreten können, und in welchen Bereichen KI missbräuchlich verwendet werden kann.“
Maike Behrendt, Mitarbeiterin der Manchot-Forschungsgruppe zum Thema Unterstützung politische Entscheidungen
Unter den anwesenden Expert*innen herrschte Einigkeit darüber, dass KI-Anwendungen unter bestimmten Voraussetzungen wie einer sicheren und transparenten Nutzung von Daten sowie der Vermeidung von Monopolen das Potenzial haben, demokratische Strukturen zu stärken. Allerdings müssten digitale Angebote immer komplementär zu analogen Formaten gedacht werden. Auch wenn viele Prozesse digital gut funktionieren, bleiben die Präsenz vor Ort und der direkte Kontakt zu den Menschen wichtig. Maßnahmen, die beides verbinden, versprechen den größten Erfolg.
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